Dienstag, 25. Juni 2013

Elvis



Wie beschreibt man Unbeschreibbares? 
Wie beschreibt man die Not, Hoffnungslosigkeit, den Schmerz mancher Patienten? Und wie das Gefühl, das man als Arzt oder Ärztin hat, wenn man vor solch einem Bett steht und weiss, wie wenig man für sie tun kann?
Ich habe so viele Bilder im Kopf – manchmal drehen sie sich, wenn ich im Bett liege,  in einem wilden Kaleidoskop – meist sind es einzelne Patienten, die einem nahe gehen; dann frage ich mich: „Warum weisst du nicht mehr?“,  „Wieso gibt es in diesem elenden Spital manchmal keine Opiate, ja nicht mal ein NSAR, kein Sauerstoff, keine auch nur rudimentären diagnostischen Methoden?“, „Bist du sicher die richtige Entscheidung getroffen zu haben?“ , „Geben ihm/ihr die Krankenschwestern auch die verordneten Medikamente?“…..  Zurück bleibt ein schales, unruhiges Gefühl –  man fragt sich welcher der kritisch kranken Patienten am nächsten Tag noch leben…


Dr Jana in Zivil vor dem Seiteneingang des Spitals

Und dann der Medical Ward..... Wenn ich mir vorstelle, dass ich krank d o r t übernachten müsste…… Ein blaugetünchter Saal mit zwei Reihen verrosteter Metallbetten, Plastikmatratzen und zerschlissener  Bettwäsche - Decken müssen von den Patienten selbst mitgebracht werden. Zwischen jedem Bett ein wackliger Metallnachttisch. Es gibt immer wieder Ameisenstrassen über die Wände; wenn ich Kakerlaken erblicke, versuche ich wegzusehen. Jeden Tag kehrt Kleopatra, die witzige Putzfrau und ihre Kollegin unglaublich viel Dreck vom Boden (und Betten) zusammen. Zum Essen gibt es von der Spitalküche Morgens, Mittags und Abends zwei Pampen in Blechschüsseln: eine Pampe ist Nshima (der Maisbrei) und eine Pampe ist Bohnen in Sauce.  Aber immerhin gibt es zu Essen.
An den „Geruch“ habe ich mich mittlerweile etwas gewöhnt. Ich hätte nie gedacht an was man sich gewöhnen kann.


Ausschnitt aus dem Female Medical Ward (auf einem Foto sieht es  vielleicht noch pittoresk aus...)
die meisten Frauen sind care-taker - Angehörige - und haben sich fürs Foto schön gemacht
Aber trotz aller Gewöhnung gibt es Situationen die zu surreal werden; weil sie zu elend sind um wahr zu sein. Und dennoch sind sie wahr. Ich erinnere mich an den jungen Mann mit HIV. Er kam delirant und leicht agitiert am Abend zuvor an – dort habe ich ihn nur kurz gesehen. Dr Ndui hatte keine grosse Lust zu übersetzen, so überliess ich ihm das Feld und ging schlafen.  Als ich am nächsten Tag meine Runde im Male Medical Ward drehte, war der junge Mann still und zeigte einen deutlichen Meningismus, seine Pulillen reagierten kaum noch. Ich untersuchte ihn, fragte Angehörige, machte mir ein Bild und schickte die Putzfrau in die Apotheke um andere Antibiotika für ihn holen zu lassen. Genau in dem Moment starb er. Er hörte einfach auf zu atmen. Ich stand mitten im Saal, die Angehörigen brachen in lautes Weinen und Wehklagen aus und die Krankenschwester – eine der Tüchtigen – zerrte mich am Ärmel zu einem anderen Patienten gegenüber. Mechanisch folgte ich ihr. Auch ihm ging es schlecht. Auch er hatte HIV. Wie fast alle im Medical Ward.
Seit ich dort regelmässig arbeite, habe ich wahrscheinlich etwa 30 – 50 neue HIV Erkrankungen diagnostiziert. Ich schätze, dass etwa 80% meiner Patienten HIV positiv sind. Auch der junge Patient im Bett gegenüber war HIV positiv. Er hiess Elvis. Ich versuchte mich auf ihn zu konzentrieren und auszublenden, dass vor zwei Minuten ein anderer junger Mann vor unser aller Augen an seiner HIV Erkrankung gestorben war, nun seine Mutter am Bett stand und laut, sehr, sehr laut und andauernd ihren Schmerz hinausschrie. Ich merkte, dass ich eigentlich hätte hinausgehen und weinen wollen. Aber ich konnte nicht.  Also arbeitete ich verbissen weiter. Ich untersuchte Elvis. Er hatte ein schönes Gesicht, eigentlich ein Sunnyboy-Gesichtchen, das zum Lächeln gemacht war. Wenn er nicht so erschreckend dünn gewesen wäre und zitternd im Bett gelegen hätte, wäre er ein schöner junger Mann gewesen. Elvis sprach fliessend englisch, schien gebildet zu sein, doch nun sprachen Angst und Verwirrung aus seinen Augen. Ich versuchte ihm Hoffnung einzuflössen. Ich wollte, dass er lebte! Ich wollte, dass er nicht starb! Seine CD4 Zellzahl war irgendwo um 20, wenn ich mich recht erinnere. Für Nicht-Mediziner:  sein Immunsystem war praktisch inexistent. Und er lag in einem Saal mit offenen Tbcs, Pneumoniehustern, Meningitiden, miserablen hygienischen Bedingungen, schlechtem Essen und alle teilten eine Toilette (wenn sich die Türe öffnet, schwebt da ein „Düftchen“ hinein… ich will gar nicht wissen, wies dort drin aussieht) – kurz: wenn er gewisse Krankheiten nicht schon  hatte, hier bekam er sie bestimmt, alle.
Als ich IRGENDWANN abends nach Hause kam, setzte ich mich an den Computer und schrieb an Marcel. Marcel ist Infektiologe; Spezialist für HIV und Afrika. Mittlerweile habe ich ihm bestimmt an die 40 mails geschrieben, die er mit einer Engelsgeduld beantwortet. Und ich habe begonnen zu lesen. Über HIV und die opportunistischen Erreger und wie man sie therapiert. Und ich diskutiere regelmässig mit dem Apotheker um herauszufinden, was wir gerade an Lager haben und was NICHT. Dann versuche ich zu adaptieren, schreibe wieder mails und lese wieder nach. Denn ich weiss fast nichts über HIV und die Therapie. In der Schweiz bin ich noch keinem einzigen HIV Patienten begegnet, der auch nur in einem annähernd ähnlichen Zustand ins Spital kam wie hier. Man kennt in der Schweiz ein solches AIDS nur aus Bildern der 80er und 90er Jahre.  Hier sind sie alle so. Alle halbtot. Das kann man nicht schöner schreiben. Wenn sie ins Spital kommen, sind sie halbtot.
Ich bin also am nächsten Tag wieder ins Spital. Ich hatte mails geschrieben, nachgelesen, bin zur Apotheke gerannt, habe mit dem Apotheker diskutiert, nachgedacht bis es rauchte… und mich dann nach Stunden für ein Therapieregime entschieden. Stolz und erschöpft kam ich in den ward und übergab Elvis und seiner Familie die vielen Pillen, die er nun zu schlucken hatte: gegen den Virus, gegen Pilze, gegen andere Pilze, gegen Bakterien….  
Eine halbe Stunde spätert lief ich wieder am Bett vorbei und fragte die Mutter, ob alle o.k. sei. „Nein“ meinte sie, er habe die Tabletten verweigert. VERWEIGERT. Ich war wie vom Donner gerührt. Dann marschierte ich zum Bett. Liess Elvis aufsitzen (etwa drei Cousins mussten ihn stützen) und versuchte ihm eine Tablette zu geben. Evis biss seine Zähne zusammen. Ich auch. Dann stopfte ich ihm irgendwie eine von etwa 20 Tabletten rein – und wir waren beide erschöpft. Ich sah ein, dass es so nicht ging. Ich verstand nicht, was los war??? Also versuchte ich mit Elvis zu reden. Was war los??? Er schien weniger verwirrt zu sein als am Tag zuvor.  Aber eine klare Antwort bekam ich nicht. Schliesslich versuchte er mir weisszumachen, er habe zu grosse Schmerzen beim Schlucken. Ich spürte, dass das nicht wahr war.
Nun versucht mal mit einem Patienten, der in einem Saal mit 20 anderen Patienten und nochmal etwa 20 Angehörigen liegt und nicht aufstehen kann, ein vertrauliches Gespräch zu führen…. Ich liess ein paar Paravents bringen (jaa, die gibt’s – werden nur selten benutzt), setzte mich ans Bett und wir starrten uns an. Elvis und ich. Schliesslich begann er zu flüstern – nach etwa 20 Minuten hatte er eine wirre Geschichte "rausgebrösmelt", die unter anderem beinhaltete, dass er verhext worden sei. Alles weitere geht nur uns zwei etwas an. Aber ich hatte eine meiner wichtigsten Afrika-Lektionen erhalten: unterschätze nicht den Einfluss der Hexenzauber, Aberglauben, magischen Amulette, Geister, Flüche und traditionellen Heiler. Ich versuchte lange ihm seine markerschütternde Angst zu nehmen. Irgendwann gab ich auf, im Wissen, dass er die Tabletten nicht schlucken würde.
20 Minuten später berichtete mir seine Mutter, er habe alle Tabletten eingenommen. Und am nächsten Tag war Elvis aufgestanden, strahlte mich an und fragte, wie lange er denn noch im Spital bleiben müsse. Ich sah ihn den ganzen Tag lächeln - und was für ein Lächeln! Eine weitere Afrika-Lektion: erwarte das Unerwartete.

Die Geschichte von Elvis ist Eine meiner Kaleidoskop-Geschichten. Es gibt noch viele. Meist enden sie schlecht. Leider endete auch Elvis Geschichte nicht gut. Wir beide hatten solche Hoffnung geschöpft. Nach einigen Tagen entliess ich ihn mit allen möglichen Erklärungen und Haufen von Tabletten nach Hause. Er war noch immer in einem sehr schlechten Zustand. In der Schweiz hätte ich ihn so NIE nach Hause gelassen. Aber in der Schweiz hätte er im Spital seine Medikamente regelmässig erhalten und wäre nicht in SO einem Saal gelegen. Ausserdem wirkte seine Familie um ihn besorgt und differenziert.
Letzten Sonntag begegnete mir auf dem Weg zum New Market mein Lieblingspfleger Elysias. Er begrüsste mich - elegant gekleidet nach dem Kirchgang – und erzählte mir, dass Elvis in der Nacht wieder eingeliefert worden war. In sehr schlechtem Zustand. Seine Familie habe ihm die Medikamente nicht mehr gegeben, denn diese hätten alles nur schlechter gemacht. Als ich am Montag ins Spital kam, wollte ich es nicht wissen. Ich wollte, dass Elvis lebte, wollte nicht sehen wie es ihm nun ging.
Also drehte ich eine Runde im Female Ward und versuchte nicht hinüberzuschauen zum Male Ward. Als der Nachmittag kam, hielt ich es nicht mehr aus und fragte Sr Catherine nach ihm. 
Elvis war am Sonntag gestorben. 
Elvis hatte solch ein schönes Lächeln gehabt; wie eine kleine Sonne. Er war 32 Jahre alt geworden. Ich hoffe, es geht ihm gut jetzt.


Ein Kirchenchor - auch das ist Afrika - Tanzen, Lachen, Lebensfreude 

Sonntag, 16. Juni 2013

Die Wasserfälle



Sonntag  Mittag


Ich sitze unter dem Schatten des grossen Mangobaumes im Garten und geniesse die Stille, die nur vom leisen Rauschen der Blätter, Krähenkrächzen und – klappern (sie Klappern ähnlich einer Rassel mit den Schnäbeln), Vögel zwitschern  und  Kinderstimmen in der Ferne unterbrochen ist.
Das ist sehr still für Afrikanische Verhältnisse. Normalerweise ist man umgeben von Generatorenbrummen, Mais-Mühlenrumpeln, Kirchenchören, Discomusik und vielen, vielen Stimmen, die durcheinander Rufen, Lachen, Reden.
Wir haben uns das erste Mal, seit wir hier sind, zwei Tage frei genommen. Es tut sehr, sehr gut. Gestern Morgen habe ich es kaum ausgehalten und wollte doch kurz ins Spital – wenigstens zu der 19jährigen abgemagerten, schwer kranken HIV-Patientin - Eunice. Gedanken kreisten in mir wie „ich sollte ihre Medikamente umstellen“ oder „hat sie wohl das Antiwurmmittel, das sie gestern erbrach von der Pflege wie besprochen wieder erhalten?“…. In der Schweiz kann ich nach der Arbeit fast immer gut abschalten. Doch in der Schweiz sind die Patienten in der Regel sehr viel weniger schwer erkrankt  - sie werden auch nicht erst ins Spital gebracht, wenn sie schon halbtot sind - und in der Regel können sich  die Pflege und die Ärzte vom Wochenende sehr viel besser um sie kümmern. Hier  geschieht es regelmässig, dass man z.B. nach zwei Tagen nachschaut und die septische Patientin keine einzige Dosis der verordneten Antibiotika erhalten hat… Oder man schaut nach zwei Tagen nach und der Patient „has collapsed“. So nennen sie es, wenn ein Patient gestorben ist. Ich müsste mich anstrengen um nachzuzählen bei wie vielen Patienten ich das schon miterlebt habe. Ich weiss, wenn ich mich nicht darum kümmere, dann kümmert sich möglicherweise niemand darum. Es liegt jedoch nicht alleine an der afrikanischen „Gelassenheit“, sondern auch daran, dass es im ganzen Spital nur zwei festangestellte Ärzte, einen licenciated clinical officer und eine Handvoll clinical officers gibt (siehe frühere Einträge). Auch die Pflege ist hoffungslos überfordert. Es gibt pro Schicht meist nur eine Pflegepersonin einem Ward für im Schnitt 30 - 40 oft schwerkranke Patienten. Diese Kombination macht die lückenlose Betreuung der Patienten schwierig bis unmöglich.
Und das macht es für mich schwierig loszulassen.  Nina musste ein feines Machtwort sprechen und mich an unseren gemeinsam geplanten Ausflug zusammen mit Seraina und Pascale erinnern. Als ich sagte: „ich gehe ja nur ganz kurz ins Spital…“ mussten wir beide über die naive Vorstellung laut lachen. Nichts, aber auch gar nichts geht schnell hier.
Also hab ich losgelassen (hoffend, die Patientin lebe am Montag noch) und mich ins weekend gestürzt. 

Unser Fahrer Francis kam uns –erstaunlicherweise oberpünktlich- um 9h abholen und mit nur ¾ Stunden Verspätung:  „wo ist meine Sonnenbrille?“, „habt ihr die Sonnencreme, Avocado, hartgekochten Eier, Romane, Decken,  Ananas, etc., pp dabei??“ fuhren wir los. Schon alleine die Fahrt – ca 70 km – auf der Landstrasse war ein Erlebnis. Der Verkehr ist whs das Gefährlichste was man in Kashikishi und Umgebung erleiden kann. Die wenigen Autos auf der Strasse haben Vortritt. Immer. Und die Fussgänger haben zur Seite zu treten oder springen!  Francis brauste entspannt und laut gestikulierend mit 100 – 120 km/h über den Kies oder Teer mit den Schlaglöchern. Vorbei an Kolonnen von Fussgängern, spielenden Kinder, schwerbeladenen Fahrrädern , Frauen mit Türmen von Lasten auf dem Kopf und bedenklich schiefen Lastwagen. Wir sassen etwas verkrampft auf unseren Sitzen und hofften heil anzukommen ohne allzu viele Fussgänger auf den imposanten Hirschfänger aufgeladen zu haben.

Downtown Kashikishi 

Das Land ist rotbraun mit dürrem Gras, Büschen und imposanten Mangobäumen. Ab und zu sieht man kleine Siedlungen mit Häuschen aus Ziegelsteinen und Strohdächern, wenig Ackerbau, Ziegen und immer wieder kleine Flussläufe, an denen Frauen Wäsche waschen. An den Strassenrändern werden selber gepflückte Erdnüsse, Orangen, Mandarinen, Bananen verkauft oder auch geflochtene Korbstühle, Häufchen mit Kohle und gezimmerte Holzbetten; man sieht  Flecken mit Brandrodung - vielleicht ist es auch Müllverbrennung. Selten steht dazwischen ein grösseres Haus mit einem Blechdach, Veranda, Satellitenschüssel und Auto im Vorgarten. Schliesslich verlassen wir auch die mageren Ansiedlungen und um uns herum breitet sich die Savanne aus. Das flache Land wird ein wenig hügeliger – Francis nennt es einen Berg. Dort verbirgt sich das Ziel unseres Aufluges:  die Ntumbachushi Falls. Obwohl  aktuell in Zambia „the cold season“  herrscht, ist uns allen heiss als wir ankommen. Wir sind müde von der anstrengenden Fahrt, haben Hunger und Durst - es ist schon Mittag. Zuerst müssen wir uns noch mit dem Wächter herumschlagen, der von uns als Non-Residents, die für zambische Verhälnisse horrende Gebühr von 15 US Dollar pro Kopf Eintritt verlangt. Wir zahlen zusammen 300 Kwacha. Das ist etwa ein durchschnittlicher Monatslohn eines ungelernten Arbeiters.
Francis fährt los und will uns um halb fünf wieder abholen kommen. In der Zwischenzeit wird er das unendlich bedeutsame Länderspiel Zambia-Togo (oder evt ein anderer Konkurrent um den Platz im Worl Cup – ich kann mir so was nie merken) anschauen. Er trägt wie viele Männer heute ein grünes Zambia-Tshirt. Wir stapfen auf steifen Füssen dem Wächter nach - Richtung Tosen. Nach wenigen Schritten wird die Luft kühl und feiner Sprühregen legt sich über uns. Und da sind sie: die Wasserfälle. Umgeben von einer Enklave Dschungel stürzen sie sich über etwa 10 m in ein natürliches Becken herunter. Sie sind nicht besonders gross – aber wunder-wunderschön. Ich stehe und staune und bewundere. 





Das Wasser ist glasklar – der Guide sagt, dass man problemlos davon trinken kann (was wir dann doch nicht ausprobieren). Er führt uns einige Minuten weiter herum, zeigt uns eine Stelle an der man duschen könnte und weist uns den Weg nach oben zu kleinen Flüsschen und Becken in denen man baden kann. Wir mühen uns in Flip-Flops die unregelmässigen Steine hinauf. Ich komme mir in meinen grünroten 30-Kwacha-Plastik-Strass-Sandalen vor wie eine Japanerin, die in Turnschuhen auf das Matterhorn steigen will…. Oben angelangt stehen wir vor einer urtümlich anmutenden Landschaft mit schwarzen Felsen, dürrem Gras und Büschen, sowie  üppiger Vegetation entlang von kleinen Flüsschen.  Endlich finden wir ein geeignetes Plätzchen mit etwas Schatten am Rand eines solchen Wasserlaufs, der fröhlich über ein paar Stromschnellen hüpft. Es ist unglaublich schön und friedlich hier; weit und breit ist keine Menschenseele ausser uns. Der Spitalalltag mit seinen Nöten fällt von mir ab. Und ebenso schnell schlüpfen ich mit den anderen aus unseren Kleidern  und wir steigen ins Wasser.  Kalt ist es nur im ersten Augenblick und dann schlicht herrlich. Seit wir in Kashikishi angekommen sind, habe ich mich nicht mehr so frisch und sauber gefühlt.  Ich könnte die Welt umarmen.

Der Tag vergeht mit Gelächter, Pick Nick, Lesen, Dösen, Fotos schiessen und Baden. Es ist herrlich!!! 












Gegen fünf sind wir zurück am Parkplatz. Als wir nach einer Weile Francis anrufen, will er in 10 Minuten bei uns sein. Es dauert auch wirklich nur noch eine Stunde und dann ist er da :-) . Die Rückfahrt  in der Dunkelheit ist noch beängstigender; ich schliesse müde die Augen und füge mich ins Unvermeidliche. Das muss man in Afrika lernen. 
Zu Hause erwartet uns ein überschwemmtes Bad mit einer laufenden Dusche. Ich vermute, dass sich Afrika gerade über uns lustig macht. Diese blöde Dusche funktioniert sonst NIE – es ist das erste Mal, dass wir einen ganzen Tag weg sind und erst noch frisch gewaschen nach Hause kommen ohne uns nach einer Dusche zu sehnen….und dann und nur dann läuft die Dusche im Swiss House…

Den Sonntag verbringen wir mit Lesen, Kochen, etwas Hausarbeit, Sonnen, Haare Waschen und Tratschen. Die zwei Tage sind schnell vorüber und haben unglaublich gut getan.
Ich nehme mir vor, nächste Woche entspannter an die Arbeit zu gehen, das Unvermeidliche zu akzeptieren, meine schnellen Urteile und dauernde Kritik zurückzuhalten und schlicht unverkrampfter mich den Begebenheiten umzugehen. Alles Eigenschaften, die man von den Menschen hier lernen kann.  Ausserdem wechseln die Situationen sehr rasch. Was ich vorletzte Woche im Medical Ward erlebt habe, war vergangene Woche schon ganz anders. Es brauchen nur eine kompetente, effektive und arbeitsame Krankenschwester wie Sister Catherine und ein schneller und interessierter  student  wie Elysias, Dienst zu haben und schon sieht das Leben als Ärztin auch auf dem Disaster Ward ganz, ganz anders aus!
Aber davon und von meinen Erfahrungen mit dem Patienten namens Elvis ein ander Mal. Ich geh schlafen (das Schreiben des blogs streckte sich in Etappen dahin) und grüsse Europa.

Dienstag, 11. Juni 2013

Disaster Ward


Meine erste Woche im Male und Female Desaster Ward


Wie ich im letzten blog erzählte,  habe ich entschlossen mich für den Female und Male Medical Ward verantwortlich zu fühlen…

Dies hat mir ein zusätzliches Büschel  grauer Haare, überschäumende Magensäure und zerrüttete Nerven besorgt. 

Meine Krankenakten (Schulheftchen) und die drug charts, auf denen alle Medis  angegeben sind


Einerseits bin ich froh, ins kalte Wasser gesprungen zu sein und  selbstverantwortlich mit der Arbeit begonnen zu haben.  Andererseits musste ich mich eben deswegen direkt mit den - meist nicht funktionierenden - Strukturen im Spital auseinandersetzen. Ich weiss zwar nun ungefähr,  was ich für diagnostische Methoden zur Verfügung habe: das Labor untersucht von Mo-Sa 8 – 12h Urin Stix und Mikroskopie, Stuhl Mikroskopie,  full blood count, Hb, Blutgruppenbestimmungen, Sputum auf Tbc (nur Di und Do), Malaria-Schnelltest und HIV-Schnelltest. Ausserdem kann  die CD4 Zellzahl 2x pro Woche bestellt werden.  Und es können Rx-Bilder und Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden.

Zumindest theoretisch… 

In der Praxis ist für die Rötgenbilder oft der Strom zu schwach oder die Reagenzien fehlen. Und für den Ultraschall (es gibt ein Gerät das funktioniert und ca vier die kaputt herumstehen – kaputt ist auch wenn z.B. die Batterien verbraucht sind) braucht es den Röntgen-"Chef" namens Innocent, der meist betrunken und manchmal auch nicht da ist. Wenn ich dann den Ultraschall selber machen möchte, muss ich den Schlüssel zum Raum organisieren, was keine einfache Aufgabe und dementsprechend zeitraubend ist… 
Francis, der liebenswerte Röntgenassistent am Rasensprengen im Spitalgarten
(seine Lieblingsbetätigung morgens , wenn "current too low for X-rays")

Trotz all diesen Hindernissen funktioniert die Radiologie immer noch deutlich besser wie die Bemühungen Laborresultate zu erhalten: Es begann letzten Dienstag  Nachmittag als ich systematisch meine erste Visite im Male Medical Ward absolvierte. Wie schon gesagt lagen etliche Patienten viele Tage in den Betten herum ohne von einem Arzt gesehen worden zu sein. Man wartete augenscheinlich darauf, ob es von alleine besser oder schlechter würde...... Also hatte ich doch einige diagnostische Fragen und verordnete diverse Laboruntersuchungen.  Drei  student nurses begleiteten mich auf die Visite und eine hübsche junge student Krankenschwester versprach mir hoch und heilig am nächsten Morgen sich persönlich um die Blutentnahmen zu kümmern. Denn das Labor nimmt ja nur morgens Blutproben zur Untersuchung an.  Als ich am Mittwoch kam, berichteten sie auf meine Nachfrage: „Yes, yes, all the samples are taken to the lab!“  Ich machte mich dann auf eine erneute, sehr anstrengende Runde diesmal im Female Medical ward. Nachmittags brachte ich eine student nurse dazu, zum Labor sich zu bequemen um meine Resultate abzuholen. Sie kam zurück um mir freundlich mitzuteilen  : „the specimen havent been done yet“. Ich wunderte mich zwar ein bisschen, war aber gerade mit anderen Problemen wie z.B. schwer kranken und leidenden Patienten beschäftigt. Am nächsten Tag, es war nun Donnerstag geworden, begab ich mich selber zum Labor. Ich fragte etwas ungeduldig nach meinen Resultaten, worauf mir beschieden wurde, es gebe keine. Ich war komplett vor den Kopf geschlagen und konnte es nicht glauben. Der Laborant sah meine ungläubig-tellergrossen Augen und zeigte mir das Buch, in dem die Krankenschwestern alle Proben die ins Labor kamen eingetragen müssen….Vom Medical Ward war die ganze Woche kein einziger Auftrag  erfolgt!!!
Mein Magen verzog sich vor Ärger und Frustration; am liebsten hätte ich mich auf den Boden gesetzt und geweint.  Ich dachte an „meine“ Patienten, die litten und nicht selten auch starben, die mich mit ihren Augen verfolgten, sobald ich einen Schritt in den Krankensaal machte und ich wusste nicht mehr was ich tun sollte. Ich versuchte ja schon alles selber zu machen, was ich machen konnte. Ich hatte mich mit Thermometer ausgerüstet (ich habe nicht gesehen, dass die Pflege auch nur einmal Vitalparameter gemessen hatte), mit Magensäureblockern („oh, we dont have“), mit Analgetika („oh, we are out of Brufen, we have only Panadol“), mit Prednison („oh, the pharmacy is out of stock“), mit Schere (eh nie zu finden), mit Handschuhen (Mangelware), etc, etc . Aber auch als multitaskind Arzt kann man nicht ALLES selber machen. Ich war blind am segeln, sozusagen. Es ist einfach nicht gut eine intensive Antibiotikatherapie gegen Tuberculose zu verordnen, wenn man kein positives Sputum hat. Aber was, wenn die Patientin noch 34 kg wiegt und geschwächt vor sich herhustet?? Oder es ist auch nicht gut, wenn man keine Ahnung hat, ob die Frau, die ihr Alter nicht weiss und unter massivem Durchfall leidet und Erbricht, eine infektiöse Gastroenteritis hat oder nicht??? Oder es ist auch nicht gut, wenn man das Hämoglobin der 30jährigen HIV positiven Frau mit der Milz bis unter den Bauchnabel, die unter ihrer schwarzen Haut erbärmlich blass aussieht, nicht kennt?? Braucht sie nun eine Bluttransfusion oder nicht?? (Ich versuche mittlerweile das Hb anhand der Färbung der Konjunktiven abzulesen – funktioniert recht gut) . Auch nicht so einfach ist ohne Urinuntersuchung bei dem 85jährigen Mann, der seit 2 Monaten an Unterleibschmerzen und häufigem Wasserlassen leidet, zu entschieden wie man Therapieren will. Vielleicht hat er ja doch einen Diabetes mellitus und keine Cystitis oder Blasenbilharziose oder Prostatitis oder einfach ein Carcinom???  
Ich könnte noch viele solcher Beispiele aufzählen. Und alles sind Menschen, die mit ihren Müttern, Vätern, Brüdern oder Kindern mich mit grossen Augen anschauen, sich fast an meine Beine hängen und von mir Heilung erhoffen…
Ich habe dann mit der nursing officer  (der Chefing aller Krankenschwestern/pfleger) und mit Sr Regina geredet um ihnen zu sagen, dass ich so nicht arbeiten kann. Aber dir Hoffnung, dass sich dadurch etwas ändert ist klein. Auch bei der zuständigen Nachmittags-Krankenschwester habe ich mich bitter beklagt, worauf sie mir versprach die Nacht- und Morgenschicht zur Blutentnahmen zu bringen.
Ich erspare euch die weiteren Verwicklungen. … Am Samstag  Morgen hatte ich dann tatsächlich von etwa 8 – 10 Patienten einige Laborresultate, die ich seit dem Dienstag zu bestellen versucht hatte. 
Es hat unglaublich viel Kraft gekostet….

"Taping" - Ascitespunktion, kommt häufig vor (die Patienten müssen die Eimer selbst organisieren)


Zusammen mit Nina, die ihre (im Grundsatz ähnlichen) Desaster Geschichten in einem anderen blog veröffentlicht, rätsle ich schon seit Tagen warum das so ist??? Faulheit, Desinteresse, Übermüdung, Unterbezahlung, Stress?????  Wir wissen es nicht. Wahrscheinlich ist es oft eine Mischung - sorry, dass ich vielleicht politically uncorrect bin, aber die Erlebnisse hier sind manchmal haarsträubend!
Und die Unterschiede immens. Es gibt Menschen, die unglaublich gut und fleissig und kompetent sind, dabei nicht ihre entspannte zambische Gangart verlieren (und nicht wie wir Europäer ins Verbissene fallen) und dann gibt es eben auch die anderen, viele andere...

Am Samstag haben Nina und ich ebenfalls gearbeitet. Es sollt eine kurze Visite werden... ich war ca um 18h abends dann zu Hause.
Am Sonntag bin ich den ganzen Tag im Bikini im Garten gelegen und habe einen Kitschroman gelesen. So etwas ist schon seit vielen, vielen Jahren nicht mehr vorgekommen - aber hier BRAUCHE ich eine seichte Geschichte von schönen, junge, reichen Menschen, die unbeschwert ihr Glück finden (einzig geplagt von  dem Zweifel :"liebt Kay mich oder nicht?" - er liebt sie natürlich bis ans Lebensende oder "welche Schuhe werde ich zu meinem Brautkleid anziehen?" - HERRLICH)

Sunset over Lake Mweru - von unserem Garten aus

Mittwoch, 5. Juni 2013

Female and Male Medical Ward

Bisher habe ich mich erfolgreich um die Female and Male Medical Ward herumgedrückt. Ich war häufig bei Nina in der Maternity oder im OPD (Out Patients Departement) und habe Paul, dem student medical officer über die Schulter geschaut, war im OP am mithelfen oder zusammen mit Dr Radet bei den Kindern im Childrens Ward. Nur eben nicht im Medical Ward. Obwohl das ja mein Kerngeschäft wär - sozusagen. Einige Male habe ich Dr Ndui gebeten mit mir dort wenigstens einmal eine Visite zu machen (sie nennen das hier "a round"), aber auch er scheint sich gerne um den Medical Ward zu drücken.
Es kostete mich bisher zu viel Überwindung dort alleine anzufangen.
Man stelle sich zwei grosse Säle vor - vollgestellt mit Bett an Bett vielleicht je etwa 20 Patienten in jedem Raum. Wenn ich den Raum betrete, heften sich immer mindestens 80 Augen flehentlich, bitter, verängstigt, neugierig, resigniert an mich. Denn es gibt ja nicht nur die Patienten, sondern auch noch deren nächste Angehörige in dem Raum. Die Augen registrieren jede Bewegung, die ich mache. Und alle warten darauf, dass ich zu IHNEN komme und IHNEN helfe. Und ich? Ich fühle mich alles andere als bereit dazu.

Die Krankeitsbilder sind gänzlich verschieden von dem, was ich aus der Schweiz kenne. Es ist vor allem Malaria, Anämie wegen Malaria, Anämie wegen Unter- oder Mangelernährung, Leberzirrhosen,Geschlechtkrankeiten - in erster Linie HIV; HIV mit Tuberkulose, HIV mit Abmagerung, HIV mit Anämie (ja, ja, wieder Anämie), HIV mit Aszites, HIV mit Chest Pain, HIV mit Diarrhea......
Da bin ich fast froh, wenn ich eine Asthmaattacke oder Herzinsuffizienz dazwischen entdecke. Ich begrüsse sie innerlich wie eine altbekannte Grosstante. Da weiss ich wenigsten was ich tum muss.

Nun zumindest theoretisch. Denn auch die Diagnsotik und die Therapie sind ganz, ganz, ganz anders als in der Schweiz. Denn sie sind alle kaum vorhanden (ein Praline dazu: heute habe ich nach einem BD Messgerät gefragt. Medical ward nurse sagte: "we havent got one - its broken..." Also bin ich zur Maternity. Midwife sagte "we havent got one - its broken...". Also bin ich zum Surgical ward. Surgical nurse sagte "we havent got one..." den Rest habe ich nicht mehr zugehört. Ein student nurse hat mir dann ein BP machine gebracht. Sie brauchen es gerade, weil sie praktische Prüfungen haben...)

Also. Seit zwei Tagen habe ich angefangen Runden zu drehen im Medical ward. Irgendwann musste ich ja. Vor allem, da niemand sonst sich dazu bemüssigt fühlt. Dr Ndui ist in Lusaka, der Hauptstadt, auf irgendeiner Weiterbildung diese Woche, Nina in der Maternity, Dr Radet im OPD, childrens ward und sonst noch überall und Mr Muape im Surgical ward. Mr Muape ist ein "medical licenciated", d.h. das er kein Arzt ist, aber er steht gerade eine Hierarchiestufe darunter. Er darf die häufigsten OPs durchführen und weiss durch seine Erfahrung oft sehr viel. Die sambische Regierung hat diesen Beruf geschaffen, da er nur in Sambia anerkannt ist. Denn sie haben die Erfahrung gemacht, dass alle ihre ausgebildeten Ärzte ins Ausland abwandern.
Mehr Ärzte gibt es nicht.... (das Spital hat ja auch nur ein Einzugsgebiet von ca 200`000 Menschen...)

Also fange ich seit gestern an systematisch Visiten im Medical ward zu machen. Zum Teil bin ich die Erste, die die Patienten seit etwa einer Woche sieht. Bisher lagen sie einfach so da und lebten oder starben.
Hier folgen zwei Beispiele für die Mediziner unter euch:
- 35 jähriger Mann. HIV pos. CD4 Zellzahl: 8. Eigentlich unter HAART. Seit Tagen im Spital wg Durchfall. Seither kein HAART mehr. Medis ausgegangen. SO ein Pech. Niemand weiss, was er im Ambulatorium an Medis bekommen hat. Die ambulante Akte ist einfach am anderen Ende des Spitals. Viiiel zu weit weg....
- ca 25 jähriger Mann. Seit ca 3 Tagen im Spital. Mit Aminophyllin, 2 Antibiotika und Panadol gegen Asthma behandelt... Anamnese: KEIN Asthma, dafür Epilepsie. Vor 3 Tagen im Epianfall Sturz. Seither starke Schulter und Rippenschmerzen rechts. Zunehmende Dyspnoe. Aktuell NYHA IV. Der arme Kerl kann nicht mal Reden!!! Status: SO2 88%. Rechte Thoraxhälfte: silent..., abgeschwächter Klopfschall. Palpation: SCHMERZEN re Thoraxhälfte. Arbeitshypothese: Hämatothorax... --> ich verbringe viel Zeit und Telefonate damit ein Emergency X-Ray zu bekommen.... aber es ist halt schon 18h. Da ist das seehr schwierig. Und als ich wegen Power cut dann auch noch im Dunkeln auf der Station steh, erleuchtet nur von meinem Pupillenlämpchen, geb ich auf.
Ich hoffe der Junge lebt morgen noch....

Das war gestern. Heute lebte der Junge noch. 
Dafür ist eine Patientin gestern Abend verstorben. Sie war hübsch und 21 Jahre alt. Sie war wegen einer akuten Gastroenteritis gekommen. Ihre Mutter hatte mich gestern an ihr Bett gerufen. Schon seit dem Vortag hatte sie nicht mehr auf Menschen reagiert, war eingetrübt gewesen. Niemand hatte sich darum gekümmert. 
Die Mutter hatte keine Ahnung gehabt was das bedeutete, hatte nicht lautstark um Hilfe gebeten. Als sie mich dann gestern an ihr Bett bat, diagnostizierte ich eine Meningitis und entnahm den Akten (handgeschrieben in Schulheftchen), dass die Patientin HIV positiv war.Viel mehr nicht. Dr Radet und ich verordneten Antibiotika intravenös. Aus Erfahrung sagte ich zur nurse "The patient will die, if she doesnt recieve this antibiotics!" Die Nurse zuckte nur mit der Schulter, sah mich mit einer unbewegten Miene an und legte die Akte auf einen Stapel... - ich war beunruhigt. Denn es war bald Schichtwechsel. Da sie keine Anstalten machte die Medikamente bereitzustellen, zwang ich einen student nurse die Antibiotika zu verabreichen.
Sie hat sie bekommen. Es hat nicht geholfen. Es war wahrscheinlich zu spät. Vielleicht hatte sie aber aufgrund ihrer HIV Erkrankung irgendeinen Keim gehabt, den man anders hätte behandeln müssen? Mir werden es nie wissen. Man kann keine Untersuchungen dazu machen.
 Aber es gibt keine Zeit auch nur darüber gross nachzudenken. Das Bett ist sofort wieder gefüllt und so viele warten darauf angeschaut zu werden.
Jetzt hab ich in zwei Tagen harter Arbeit wenigstens alle von der Medizinischen Abteilung mal visitiert...
Bei dem jungen Mann mit der Thoraxproblematik haben wir heute morgen tatsächlich ein Rx Thx bekommen - Halleluja. Es sieht darauf aus wie wenn er darin Flüssigkeit hätte, die fast die ganze rechte Lunge ausfüllt und das Herz stark nach links verdrängt. SO2 90%. Klinisch heute etwas weniger Atemnot und deutlcih weniger Thoraxschmerzen. Wir stechen unter seehr semisterilen Umständen mit einem grauen Venflon zwischen die Rippen. Und ich lasse ca 600 ml seröse Flüssigkeit (wie sehr flüssiger Honig) heraus....
Dann ist es doch kein Hämatothorax... Was ist es dann???? Irgendwer eine gute Idee?
Morgen frage ich den Patienten doch noch einmal in Richtung Tuberkulose oder so (Anamnesen sind hier noch viiiiel schwieriger als in der Schweiz).